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Was wir von den Olympioniken lernen können – Mentale Stärke, Teil II

Mentale Stärke-Vom Spitzensport lernen - Antje Heimsoeth

Mit Kopf, Herz und Können zum Erfolg: Was wir von den Olympioniken lernen können – mentale Stärke, Teil II

Die Olympischen Winterspiele von Beijing sind zu Ende gegangen. Mit zwölf Goldmedaillen belegt Deutschland den zweiten Rang im Medaillenspiegel nach Norwegen. Die Athletinnen und Athleten haben Spitzenleistungen erbracht – und gleichzeitig gezeigt, welche Faktoren diese Leistung beeinflussen. Denn für einen Platz auf dem Podest kommt es nicht nur auf die Technik und physische Kondition an, sondern ebenso auf die psychische Verfassung, innere wie äußere Einflussfaktoren. Welche Rolle Fokussierung, Spaß und Umfeld spielen, habe ich in Teil I dargestellt. Nun geht es um die Relevanz mentaler Stärke und Zufriedenheit sowie den Umgang mit Erfolgen und Niederlagen:

Vergessen Sie nicht, auch Was wir von den Olympioniken lernen können, Teil I zu lesen!

Erfolgsfaktor Mentale Stärke

Die olympische Goldmedaillengewinnerin im Eishockey, Kendall Coyne Schofield, Kapitänin des amerikanischen Frauenteams, spricht einen wichtigen Punkt an, der sich auch auf Mitarbeitende und Führungskräfte übertragen lässt: „Ich denke, über die körperliche Gesundheit eines Sportlers wird oft mehr gesprochen, weil man sie sehen kann“, sagt sie. „Man kann sehen, wie jemand im Kraftraum Gewichte stemmt, oder man kann sie beim Puckschießen beobachten und sehen, wie hart ihr Schuss ist. Deshalb denke ich, dass oft mehr über die physische Stärke eines Sportlers gesprochen wird. Aber die mentale Stärke eines Sportlers ist genauso wichtig. Sie muss genauso stark sein wie die körperliche Stärke, wenn man auf höchstem Niveau spielen will.“ (olympics.com, 3.2.22). Dasselbe gilt für jeden von uns. Wir können nur gut performen, wenn wir auch mental stark sind, das heißt u.a. stabil, gelassen, souverän, selbstbewusst, selbstsicher, konzentriert, zuversichtlich, zielorientiert, uns unserer Stärken und Fähigkeiten bewusst sind. Mentale Stärke ist ein Thema, für das ich gerade oft von Unternehmen für Führungskräfte aller Hierarchieebenen gebucht werde. Der mentale Aspekt sollte in meinen Augen stärker als bisher in Führungskräfteentwicklungs-Programmen thematisiert – und von Führungskräften sehr ernst genommen werden. Unsere mentale Stärke ist genauso wichtig wie unsere körperliche Stärke. So verriet Christopher Grotheer, der erste Skeleton-Olympiasieger, sein Erfolgsgeheimnis: „Ich habe mit jemandem zusammengearbeitet dieses Jahr. Diese Medaille habe ich im Kopf gewonnen.“ (OVB, 12./13. Februar 2022).

Weiterlesen: 30 Mental Hacks, um Ihre mentale Stärke zu steigern

Mentale Stärke hilft uns auch dabei, Druck und Widrigkeiten Stand zu halten. Können wir mit dem Druck in einer herausfordernden Situation nicht gut umgehen, scheitern wir. Zur 15-jährigen Eiskunstläuferin Kamila Walijewa ist bereits viel geschrieben und gesagt worden. Ich beschränke mich hier allein auf ihre Performance in der Kür. Dort fiel sie mehrfach hin, belegte dadurch Rang 4 und glitt ohne Medaille weinend vom Eis. Dabei war sie vor Beginn der Spiele als größtes Talent aller Zeiten beschworen worden. Doch während der Olympiade wurde bekannt, dass sie Ende Dezember 2021 positiv auf ein Herzmittel getestet worden war. Dem Presseecho, der Kritik von Verbänden, Athletinnen und Athleten, die dem Dopingverdacht folgten, war die junge Athletin mental nicht gewachsen. Ihre Trainerin hatte sich in dieser herausfordernden Zeit während des Wettkampfs nicht schützend vor die Athletin gestellt, sondern geschwiegen. Führungskräfte haben hier eine tragende Rolle. Helfen sie ihren Mitarbeitenden beim Meistern einer Herausforderung, dann stärken sie sie mental und geben ihnen das Gefühl, nicht allein zu sein. Schweigen sie hingegen eisern, ignorieren den wachsenden Druck und pochen auf Leistungserfüllung, dann ernten sie unter Umständen das Gegenteil von dem, was sie erwarten.

Weiterlesen: Übungen und Tipps, um mentale Stärke zu trainieren

Mentale Gesundheit: Erfolgsfaktor Zufriedenheit

Mentale Gesundheit ist der Schlüssel zu einem glücklichen Leben. Unsere Zufriedenheit hängt nicht allein vom Erfolg und dessen Honorierung ab, sondern vom Zusammenklang von Körper, Geist und Seele, von gesunden und förderlichen Arbeits- und Lebensverhältnissen. Die US-amerikanische Eistänzerin Piper Gilles und weitere Athletinnen und Athleten sagen, dass für sie der richtige Umgang mit der psychischen Gesundheit wichtig sei, um mit ihrem Leben zufrieden zu sein – auch unabhängig vom Sport. „Man muss sich seiner selbst bewusster sein, man wird nie perfekt sein. Niemand wird jemals perfekt sein“, so Piper Gilles. „Die Herausforderung besteht darin, herauszufinden, was perfekt genug ist, um zu funktionieren und glücklich zu sein und das Gefühl zu haben, dass man das Leben genießt.“ Die US-amerikanische Eisschnellläuferin Brittany Bowe macht klar: „Psychische Gesundheit formt dich zu dem Menschen, der du bist.“ (olympics.com, 3.2.22).

Weiterlesen: Mentale Gesundheit – Warum sie uns alle angeht

Der psychische Zustand von Mitarbeitenden und ihre Zufriedenheit gehören zu jenen kritischen Einflussfaktoren, die sich auf den Unternehmenserfolg auswirken. Das Augenmerk von Unternehmensleitungen sollte deshalb nicht nur auf der Verbesserung von Strukturen, Prozessen und IT-Landschaft liegen, sondern ebenso auf einer guten Unternehmens- und Führungskultur, einem gesunden Betriebsklima und Gesundheitsprävention, um wettbewerbs- und zukunftsfähig zu bleiben. Gesunde, glückliche und motivierte Menschen führen zu erfolgreichen Unternehmen. Und hier gilt es, genau hinzugucken: Yoga in der Mittagspause, mobile Massagen oder Führungskräfteseminare nach dem Gießkannenprinzip über die Belegschaft zu stülpen, kann ins Leere laufen. Es kommt auf die vorhandenen tatsächlichen Bedürfnisse an. Wie Piper Gilles es bereits sagte: Die Herausforderung besteht darin, herauszufinden, was nottut und wie viel es davon braucht.

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Erfolgsfaktor Erfolge abspeichern

Das Zelebrieren von Erfolgen fördert nicht nur das Wir-Gefühl in einer Mannschaft oder einem Abteilungsteam, sondern dient als Motivation für weitere Erfolge. Zudem hilft die Erinnerung an vergangene Erfolge bei der Bewältigung von Misserfolgen. Es lohnt also, ob im Sport oder im Job, Erfolge zu genießen, bewusst mit allen Sinnen aufzunehmen und abzuspeichern oder sogar in einem Erfolgstagebuch zu dokumentieren. Als Skicrosserin Daniela Maier die Bronzemedaille gewann, sagte sie nach der überraschenden Platzierung: „Ich versuche, die Momente jetzt in mich aufzusaugen und zu genießen.“ Denn die Macht dieser Bilder, dieser Erinnerung, ist groß. Allein die spätere Visualisierung solcher Momente, die wir uns vor unserem geistigen Auge heraufbeschwören, löst in unserem Körper positive Gefühle und den Wunsch nach Wiederholung aus. Es motiviert uns. Als die Schwedinnen in der Biathlon-Staffel Gold gewannen, hatte ihr Trainer ihnen am Vorabend einen Film mit bereits erreichten Erfolgen gezeigt.

Nutzen Sie die Bilder Ihrer Erfolge und die Ihres Teams als Erinnerungshilfe, zum Beispiel zusammengeschnitten als Film oder als Bildergalerie, auf dem Handy oder Tablet, mit emotionalisierender Musik hinterlegt, oder auch physisch als für alle sichtbare Pinwand, an die jeder Mitarbeitende das Bild eines Erfolgs hängen kann. An der Wand über dem Hotelbett von Ski-Langläuferin und Biathletin Denise Hermann hingen übrigens Bilder von Medaillengewinnerinnen und -gewinnern der vergangenen Jahre. Das sorgte bei ihr nach eigenem Bekunden für „good vibes“. Ich gebe meinen Sportklienten für wichtige Wettkämpfe häufig eine große gelbe Emoji-Fahne mit einem Smiley mit, die sie sich an die Hotelzimmerwand hängen und sie daran erinnert, dass Lächeln, Lachen und Humor zwischen den Wettkampfeinsätzen oder in der Vorbereitung wichtig sind. Denn, wie Skiabfahrtsfahrerin Kira Weidle es bereits auf den Punkt brachte: Spaß ist der Schlüssel zum Erfolg!

Erfolgsfaktor Umgang mit Niederlagen

Eine bewusste Nachbearbeitung von Niederlagen ist für Sportlerinnen und Sportler selbstverständlich. In Unternehmen ist dies noch längst nicht so etabliert wie es dienlich wäre. Schließlich lernen wir aus jedem Fehler. Er ist ein Fingerzeig, wo Entwicklungs- und Verbesserungsbedarf herrscht. Doch das erfordert die Bereitschaft, sich mit dem Fehler kritisch auseinanderzusetzen statt ihn zu leugnen, zu vertuschen oder anderen in die Schuhe zu schieben – und ihn dann hinter sich zu lassen. Bei seiner ersten Weltcup-Teilnahme fuhr Francesco Friedrich im Zweierbob allein ins Ziel, weil sein Anschieber es beim Start nicht mehr in den Schlitten geschafft hatte. Solche Rückschläge passieren. Jetzt heimste Franz, wie er genannt wird, olympisches Gold im Zweier und im Vierer ein. Er hat sich von dem misslungenen Auftakt seiner internationalen Karriere nicht entmutigen lassen, sondern weitergemacht und die Performance perfektioniert.

Akzeptanz, Analyse und Abhaken lautet das Triple A-Prinzip im Umgang mit Niederlagen. Fehler nicht verdrängen, sondern anerkennen, analysieren und dann loslassen. Zwar verfehlte Skifahrerin Kira Weidle im Abfahrtsrennen mit Platz vier knapp eine olympische Medaille, doch Matthias Pohlus, Cheftrainer beim heimatlichen Starnberger Skiclub ist sicher, dass sie diese beim nächsten Mal erlangen wird. Er sei überzeugt, „dass Spitzensportler Rückschläge brauchen, um daraus die nötige Stärke für den nächsten Erfolg zu ziehen. Pohlus: „Ich bin mir sicher, die Kira macht was draus.“ (sueddeutsche.de, 15.2.22). Der Nordische Kombinierer Vinzenz Geiger gewann in Peking Gold. Geiger: „Ich habe die letzten Jahre gezeigt, dass ich ganz vorne dabei bin, wenn alles passt. Das gilt es, zu stabilisieren.“ (redbull.com, 28.10.21). Und diese Stabilisierung ist nicht zuletzt seinen Niederlagen geschuldet. Er hat nach einem Misserfolg umso härter an den Punkten gearbeitet, die dazu geführt hatten, hat nicht aufgegeben, sondern ihn als Lernerfahrung verbucht und genutzt. Das sollten Sie auch tun!

Weiterlesen: Umgang mit Niederlagen und Fehlern I Sportmentaltraining

Lesen Sie mehr zu den Einflussfaktoren für Sieg oder Niederlage im dritten Teil dieser Serie.

© Ihre Antje Heimsoeth

Mentale Stärke: Was wir von Spitzensportlern lernen könnenWeiterlesen: Antje Heimsoeth „Mentale Stärke: Was wir von Spitzensportlern lernen können“, Verlag C.H. Beck, München, 128 Seiten, ISBN-13: 978-3406708343, Preis: 6,90 €

Weitere Bücher und Hörbücher von Antje Heimsoeth:  https://antje-heimsoeth.com/shop-buecher-und-mehr/

Seminare zu den Buchinhalten: www.heimsoeth-academy.com
Vortrag zum Buch: https://antje-heimsoeth.com/vortrag-was-wir-von-spitzensportlern-lernen-koennen/

Über die Autorin: Antje Heimsoeth
Ihre berufliche Laufbahn begann Sie als Geodätin. Heute gehört Sie als Expertin für Mentale Stärke, Motivation, Leadership, Veränderung, Selbstführung und Spitzenleistungen und neunfache Buchautorin zu den bekanntesten Mental Coaches im deutschsprachigen Raum. Sie wurde als „Vortragsrednerin des Jahres 2014“ und 2021 ausgezeichnet. Bei Managern und Medien gilt sie als „renommierteste Motivationstrainerin Deutschlands“ (FOCUS).  Weltweit tätig. Buch zum Thema: „Kopf gewinnt! Der Weg zu mentaler und emotionaler Führungsstärke“. Springer Gabler.
Infos unter  www.heimsoeth-academy.com, www.antje-heimsoeth.com

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